Zwei Realos machen keinen Sommer. Zum Zustand der Grünen.

Das ist nochmal gut gegangen. Mit Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt ziehen die Grünen mit zwei Realos in den Wahlkampf. Wer Erleichterung spürt, sei gewarnt. Viele meiner Bekannten, wirtschaftsnah, realistisch, nach vorne denkend, grün geneigt, sind verstört über das aktuelle Bild, das diese Partei abgibt. Die Kritik: Der Sichtbarkeit nach ist Jürgen Trittin der Spitzenkandidat, Katrin-Göring-Eckardt spreche lang, am Ende wüsste man aber nicht, was sie gesagt habe. Und mit ihren Münsteraner Beschlüssen hätten die Grünen einmal mehr gezeigt, dass sie eine Partei der Besserwisser und Umverteiler sein wollen, dass sie lieber als linke Protestpartei mit einstelligen Ergebnissen die wahre Lehre verkörpern möchten als mit Kretschmanns Wahlergebnissen mitregieren zu wollen. 

Was die Grünen jetzt richtig machen müssen. 

 

Um bei der nächsten Bundestagswahl mit in Regierungsverhandlungen ziehen zu können, benötigen die Grünen folgendes: 

 

  • Haltung statt grüner Weinerlichkeit
  • Ein realistisches Weltbild
  • Innere Geschlossenheit
  • Selbstbewusstes Spitzenpersonal

 

Nun lassen sich diese vier Punkte nicht in Sigmar Gabriel Manier erreichen (zwei aufnehmen, zwei fallen lassen, zwei Wochen Arbeiterführer, dann wieder zwei Wochen Wirtschaftsversteher), sondern nur mit einem in sich und nach außen konsistenten Weltbild. Daran fehlt es. 

 

Eine Macher-Haltung für die nächsten vier Jahre

Was die Grünen benötigen, ist eine Macher-Haltung mit Fokus auf die kommenden vier Jahre. 

 

Wir alle wissen, dass mit Trump, mit Putin, mit Erdogan, dem Chaos im Nahen Osten und der Hilflosigkeit des Westens die nächsten Jahre nicht lustig werden. Zudem Europa noch immer wackelt, wärend sich China und Asien sich besser aufstellen. Und: Noch immer ist das Klimaproblem noch nicht gelöst. 

 

Was sich viele Grünen-Wählerinnen und -Wähler wünschen, ist eine grüne Partei, die die Pragmatik eines Winfried Kretschmanns mit der „Klare Kanten“ von Jürgen Trittin verbinden. Jürgen in seinen besten Zeiten: Unidelogisch, aber mit klaren Ansagen. 

 

Seit Winfried Kretschmann die Bundesebene Bundesebene sein lässt, kommen kaum Impulse aus Baden-Württemberg. Ruhe scheint erste Bürgerpflicht. Und weil die Bundestagsfraktion überwiegend „Klein-Klein“-Politik in einer Weiter-So-Haltung betreibt, wird, wie der Spiegel schön geschrieben hat, zwar klar, was die Grünen kritisieren, aber nicht, was sie wie machen würden. Die Tendenz von Politikern, Gegensätze sprachlich zu versöhnen, ist grün ja besonders ausgeprägt. 

 

Die Grünen sind mit einem „verstehenden“ Ansatz groß geworden. In grünen Weltbildern hängt immer alles mit allem zusammen. Grüne verstehen, wenn Flüchtlinge aus Kriegsgebieten oder aus stagnierenden Gesellschaften flüchten, nicht allerdings, wenn sich Menschen aus Deutschland Sorge darum machen, wie sich dadurch das Alltagsleben verändert. Wenn Menschen Angst um ihren Alltag, um ihren Arbeitsplatz oder um den Umgang miteinander haben. Dieses Ausblenden von Problemen, indem man sie in sanften Tönen (oder durch die Ankündigung staatlicher Maßnahmen) schön redet, das nervt viele Menschen. Mehr Klärtext, mehr Stammtisch, mehr Festlegung, mehr Haltung, what’s next, ist angesagt. 

 

Mit Cem haben die Grünen nun einen Spitzenkandidaten, der auch in drei Sätzen sagen kann, wo er steht. Gut so. 

 

Zweifel habe ich, ob denn die Grünen mit ihrer Planungsmentalität noch den richtigen Ansatz für die heutige Zeit haben. 

 

Die Energiewende ist im Ursprung eine rotgrüne Erfolgsgeschichte, die jetzt von Schwarz und Rot zu Ende gebracht wird. Was ich vermisse, ist eine klare grüne Ansage für eine neue Energie- und Klimapolitik, einschließlich der Reflektion darüber, was man aus den Erfahrungen der Energiewende lernen kann. Eine sollte man lernen: Mehr Flexibilität. Mehr Unternehmertum. Mehr neue Ideen. Wenn es sein muss, disruptiv. 

 

Die Grünen wollen keine Verbotspartei mehr sein. In der Folge erscheint es allerdings, als ob sie jeden Konflikt vermeiden wolle. Stichwort „Superreichensteuer“. Innerparteiliche Konfliktvermeidung um den Preis eines verwaschenen Profils. Keiner glaubt das. Der öffentlich dokumentierte Dissens. Stattdessen poppen Unisex-WC und Sex auf Krankenschein nach oben. 

 

Ich vermisse eine grüne Haltung, die signalisiert, die Welt ist schwierig, aber wir packen das. Gemeinsam. Die darauf achtet, die Menschen (und Ideen) anzusprechen, die sich nicht an ihre Privilegien klammern. Sondern die Probleme, die anstehen, lösen wollen. Grüne, die auf Unternehmer (nicht auf lebenslang abgesichertes und risikoaverse Manager) hören, Grüne, die sich bewusst sind, dass sich auf dem Markt nicht immer die edelsten Motive, sondern manchmal die Schnellsten oder die Schlauesten durchsetzen. Grüne, die akzeptieren, dass Realität oft anders ist. 

 

Grüne Politiker und Politikerinnen sind im persönlichen Gespräch oft klug. Das mögen die Menschen. Aufs Ganze betrachtet, fehlt es den Grünen an Relevanz für die aktuelle Lage. Robuste Zeiten brauchen robuste Ansätze. Und Menschen.  

 

 

Özdemir, übernehmen Sie!

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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