Wozu heute noch Grüne? Teile eines Fortsetzungsromans.

Mal nen Blick aus der Halbdistanz. Die Grünen streiten schon wieder, ob sie mehr oder weniger mehr Steuern wollen. So kann man es auch machen, wenn man sich überflüssig machen will.

Wir ziehen Bilanz:

Bei der Bundestagswahl haben die Grünen ihren Wählern vorgerechnet, wie teuer es ist, sie zu wählen. Da haben diese Wähler vielfach anders gewählt. Wenn die Realos und die Fundis jetzt diese Debatte in der Variante fortsetzen, ob sie die Wähler künftig wohl wählen, wenn sie etwas weniger mehr Steuern zahlen sollen oder eben nochmal soviel genauso viel mehr (es hat sich ja inzwischen bis zum letzten Fundamentalisten durchgesprochen, dass die Steuererhöhungen nicht nur die Höchstverdiener treffen würden), sei ALLEN FRÖHLICHEN MITDISKUTANTEN gesagt: Weder noch!

Das ist nämlich der fatale Irrtum in dieser Diskussion: Es geht nämlich nicht nur um die Steuer. Vielmehr konnte sich die Steuerdebatte nur aus zwei Gründen in den Vordergrund drängen:

1) Im Warenhauskatalog der Grünen ist im „Von allem erheblich mehr“ eben nicht sichtbar geworden, was eigentlich das spezifisch grüne an den Grünen ist.

2) Ein erheblicher Teil derer, die die Grünen gut finden, weil sie nach vorne sehen, finden sie gar nicht gut, wenn sie immer noch glauben, dass mehr Politik mehr Zukunftssicherheit, Gerechtigkeit, Energiewende und alles andere bedeutet. Die meisten Menschen wissen nämlich inzwischen, dass die Politik sich ständig übernimmt.

Die Grünen sind die erfolgreichste Partei der Nachkriegsgeschichte, aus einem versprengen linksradikal ernüchterten Milieu, staatsfern, ist ein neues aufgeklärtes Bürgertum mit einer Partei in ihrer Mitte herangewachsen, das der bundesdeutschen Gesellschaft im Konsum- und Fortschrittsrausch ein Stoppschild und dem Muff der postnationalsozialistischen Gesellschaft Lebensfreude, Selbstbewusstsein und Weltoffenheit vermittelt hat.

Jetzt, wo alle das wollen, was die Grünen seit Anfang an wollten, ist diese Partei natürlich überflüssig, wenn sie so bleibt, wie sie ist. Ob mit nur etwas mehr mehr Steuern oder viel mehr mehr.

Es wird auch nicht reichen, ein bißchen mehr EEG zu fordern oder ein bißchen mehr Quote oder ein bißchen mehr Empörung über Ungerechtigkeit.

In der Politik geht es um Vertrauen.

Ein Vorschlag: Wenn jetzt alle Parteien so tun, als ob sie die Welt friedlicher, freundlicher (Rente mit 63) und gerechter (Mindestlohn) machen wollen, wie wäre es damit, dass man mal ausspricht, dass die Deutsche Politik zwar das eine oder das andere etwas lindern kann, aber dass es doch vor allem darum geht, wie wir uns gemeinsam, also Politik, Wirtschaft und Bürger am besten für die Zukunft aufstellen. Weniger Vollmundiges ist also gefragt und mehr Vernünftiges.

Was vernünftig ist in einer Welt, die uns ja derzeit jeden Abend um die Ohren fliegt (Vom Fußball sehen wir mal ab), ist gar nicht so einfach zu sagen. Wie wir die Kräfte unserer Gesellschaft mobilisieren, auch nicht. Wie wir den Zusammenhalt organisieren, auch nicht.

Aber von den Problemen der realen Welt ist die politische Welt ja irgendwie nicht berührt. Da herrscht ein eigenartiger Versprechenswettbewerb. Bezahlen müssen ja ohnehin die anderen.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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