Was Steinbrück in der Debatte mit Michael Sandel versäumt hat. Anmerkungen zu einer aktuellen politökonomischen Debatte.

Zwei Anmerkungen zur Debatte zwischen Steinbrück und Sandel im Philosophie Magazin.

Steinbrück, der Macher und Michael Sandel, der Philosoph, das verspricht eine interessante Debatte im Philosophie Magazin. Ist es auch. Aber dennoch, an zwei Punkten klammert sich die Diskussion an Bildern und Ideen fest, die eigentlich überholt sind:

1) Steinbrück übernimmt das auch, diese fatale Polsetzung zwischen Neoliberalismus und sozialer Politik. Dabei geht es längst um die Frage, wie das Verhältnis von Staat und globalem Finanzkapitalismus organisiert ist. In dieser Frage ist schon Colin Crouch im „befremdlichen Überleben des Neoliberalismus weiter.

2) Steinbrück, S. 28, linke Spalte: „Die Aufspaltung in Parallelgesellschaften ist in Europa noch nicht so weit wie in den USA.“ Und dann wird Parallelgesellschaften wieder nur im unten-oben Dualismus beschrieben. Tatsache ist, dass über Medien, Einwanderung, Social Media und die Differenzierung der Lebensformen ganz unterschiedliche Lebenswirklichkeiten entstehen. Migranten der zweiten und dritten Generation ohne „Heimat“, hybrider Heimatbindung. Oder mit einer, bis zu radikal lebensgefährlicher Reinterpretation des Islam, Sterben als Sinngebung, das gab es vor zwanzig Jahren auch bei linksradikalen Bürgerkindern. Dann jung gegen alt, gesicherte Pensionen gegen ungewisse Lebensentwürfe, mit denen die Menschen ganz unterschiedlich umgehen. Staatsnähe vs. der Wunsch nach Lebenssinn und Freiheit. Oder viel Geld zu verdienen. Das ist die Parallelität der Lebensentwürfe. Die Politik hat die Aufgabe für alle diese Gruppen eine Plattform zu bieten. Das tut sie aber nicht. Stattdessen organisiert sie für die rückgängige Anzahl derer, die noch Anteil am öffentlichen Leben nehmen, die zu einfachen Bilder, die deren Handeln Legitimation und Legitimität verleiht. Auf Kosten der anderen.

Diese Suche nach neuer Identität, dass neue gesellschaftliche Bewusstsein, die neue Verantwortlichkeit, das ist es, wonach Politiker suchen sollten. Ökonomische Maßnahmen können da nur ein Teilelement sein. Ja, ohne Moos nix los. Aber es gilt auch: Moos los und was dann?

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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