Und der Preis für das beste Liberalismuspapier in der innergrünen Debatte geht an ……

Und der Preis für den überzeugendsten Beitrag in der grünen Liberalismusdebatte geht an: Malte Spitz, Claudia Roth, Constantin von Notz, Philip Albrecht und andere. Nun bin ich ja eher so eine Art Ultrapragmatiker in grünen Zusammenhängen. Warum mich das Papier aber trotz ganz gegenteiligen Blick beeindruckt, dem will ich jetzt mal nachgehen.

Entgegen dem landläufigem Eindruck geht es in einer Debatte ja nicht darum, wer am besten analysiert und seziert. Das muss natürlich auch sein, aber wenn alles seziert ist, liegen die Einzelteile rum und niemand ist glücklich.

Nein, ein gutes Papier in einer politischen Debatte ist eines, das den Ellenbogen gar nicht benutzen muss, um sich Gehör zu verschaffen. Es ist nämlich eines, bei dem der Leser, die Leserin aus dem Bauch raus spürt: Stimmt eigentlich. Das ein gutes Gefühl erzeugt. Und das man in einem Satz zusammenfassen kann: Die Grünen sind die Partei für ein selbstbestimmtes Leben.

Das könnte eine Aussage sein, die echt kitschig und albern wirkt. Träum weiter, Claudia, ist man versucht zu sagen. Wenn dieses Papier aber nicht kitschig und realitätsvergessen ist, dann deswegen, weil es, anders als andere Papiere traut, die ganze schizophrene Wahrheit über unsere Zeit auch zu benennen. Vom Wahnsinn der näher rückenden Kriege, der Absurdität (und der westlichen Hilflosigkeit) der Konflikte im Nahen Osten, bis hin zum Veggieday, der nicht mit schlechtem Gewissen in der Schublade vergraben wird, sondern trotzig wieder auf den Tisch kommt.

Die anderen Papiere theoretisieren entweder so lange herum, bis vor lauter Begriffsbesoffenheit niemand mehr weiss, worum es eigentlich geht, strahlen einen Pragmatismus aus, bis Grüne schließlich wie grün verkleidete graue Männer aus den Geschichten Michael Endes wirken oder sie hegen das Thema Freiheit so lange mit anderen Fragen, Ökologie, Frieden, Gerechtigkeit, ein, bis man den Eindruck hat, Freiheit sei etwas, was sehr verletzlich ist und am besten im politischen Zoo für ausgestorbene Ideen aufgehoben wäre.

Das Papier, das macht den Charme aus, nordet erst einmal Grüne ein. Ein bißchen, als wenn Mama sagt, hey, Junge, Mädel, stellt dich mal aufrecht hin, so machst Du keine guten Eindruck. Der Appell an die gemeinsame gute Geschichte, die Botschaft, wir haben eine Menge Baustellen, komm lass sie uns anpacken, die Selbstermutigung, komm, wir haben für alles immer gute und pragmatische Lösungen gefunden, warum sollte es denn diesmal nicht klappen, all das macht Mut.

I have a dream , das ist der Satz, mit dem Martin Luther King in die Geschichtsbücher eingegangen ist. I have a dream ist keine Rezeptbuch, das man in parlamentarischen und außerparlamentarischen Alltag aus der Tasche rauszieht und nachsehen kann, wie heute die richtige Lösung aussieht. „I have a dream“ heißt, dass es doch einen Grund gab, warum man sich zusammengefunden hat und dass es dieser Grund ist, an den wir uns erinnern sollten. Er bringt Ordnung in die ganze Geschichte, er führt dazu, dass die Jungs und Mädels wieder mit Selbstbewußtsein durch die Gegend laufen, er macht sie zum Teil einer guten Geschichte.

Der Witz an dem Papier ist aber auch, dass er einen heimlichen Appell enthält: Jetzt schmeißt mal eure alten Konzeptpapiere wieder weg, Denn wenn wir den ganzen Irrsinn der Welt vor uns Revue passieren lassen, müssen wir eingestehen, dass wir die Schwerpunkt neu gewichten und neue Aussagen darüber treffen müssen, was richtig und was falsch, was der Situation angemessen ist.

Anders gesagt: Es gibt keine Lösung, also packen wir es an!

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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