Opel. Eine Zwischenbilanz

Was lässt sich aus dem Opel-Case lernen. Zuerst, was lässt sich nicht lernen: Nämlich, dass ein Erfolgsweg verhindert wurde. So oder so, das Überleben Opels ist erst gesichert, wenn es gesichert wurde. Die Risiken im Falle des Verbleibs, eine Unternehmensleitung, die immer alles aus dem US-Blickwinkel betrachtet hat (ein Unternehmens-, nicht unbedingt ein US-Europa-Phänomen) und immer nur eine Methode kannte, um Überleben zu sichern, nämlich Kosten sparen.

Im Falle Magna sind die Risiken auch nicht von der Hand zu weisen: Zu wenig Marktzugang außerhalb Europas und Russland. Die Gefahr nicht so sehr das Abwanderns von Technologie nach Russland, sondern des Abwanderns der Arbeitsplätze nach Russland und die Verbindung mit einem riesigen russisch desorganisierten Unternehmen. Die zu kleine Stückzahl und das durchwachsene Image.

Wie hat die Politik agiert? Populistisch. Aber doch nicht so populistisch, wie man rückblickend fühlt. Angela Merkel hat meines Erachtens am Anfang Mut und Klarheit gezeigt: Unterstützung ja, Übernahme nein. Man erinnert sich kaum, denn in der nächsten Phase war ja die Verstaatlichungslösung vom Tisch. Dann Einsetzung eines relativ unabhängigen Beirats, der die Entscheidung unternehmerisch absichern sollte. Beiratsvorsitzender und Ex-Conti Chef Wennemer war nicht so unabhängig wie bei Erennung gedacht, auch der für die Bundesländer verhandelnde Staatssekretär Pfeil, Kritiker der frühen Festlegung auf Magna, wurde jetzt aus der Opel-Treuhand entfernt.

Der Opel-Case zeigt zugleich, dass das Geflecht nationaler, unternehmerischer, europäischer und us-amerikanischer Interessen ziemlich komplex ist. Es gilt der Spruch: Wer sich zuerst bewegt, hat schon verloren. Die EU-Ebene wurde jedenfalls von den deutschen Akteuren wieder einmal unterschätzt, sie haben der GM-Seite die Unterstützung gebracht, die sie benötigten (natürlich war auch das Spiel mit der Zeit eines, das gut für GM und schlecht für Opel war, aber das macht halt erfahrene Spieler aus).

Unverständlich schien mir immer die frühe Festlegung auf Magna, schon aus taktischen Gründen. Sicher, die Alternativlösung hat von Anfang an auf die Karte GM-Unterstützung und Rückkaufoption gesetzt (Eine Lösung, die verständlicherweise in Deutschland niemand wollte, weil GM das Unternehmen ist, das beim Preis für das schlechtest geführte Unternehmen ganz sicher in der ersten Reihe stünde.). Also, ja, die Emotionen waren richtig, nicht auf GM zu setzen. Nein, es war nicht richtig, diese Emotionen so sichtbar zu machen.

Die eigentlichen Verlierer sind tatsächlich die Mitarbeiter. Denn die haben auf ganzer Linie gute Arbeit geleistet. Die Produkte sind bereits seit Jahren sehr gute Produkte (halt mit Imageschaden), die Ingenieursleistungen sehr gut, die Qualität auch. Und die Ära Forster war wohl eine Ära, in der der deutsche und europäische Teil des Unternehmens wieder einmal einige Zeit lang von der Leine gelassen wurde. Wieder einmal, weil wieder einmal wurden sie eingefangen, das verantwortliche (Erfolgs-)Management geköpft, die Belegschaft steht düpiert und hilflos da. Jetzt geht alles weiter wie gehabt, Arbeitsplatzabbau, lange Entscheidungswege etc. etc. …….

Von außen betrachtet, ist Opel ein tragischer Fall. Weil Management und Mitarbeiter (und Händler) Haltung gezeigt haben, ins Risiko gegangen sind, gekämpft haben, ist die Niederlage umso frustrierender. Auch wenn wir nicht vergessen wollen, dass die Rettung noch nicht bewiesen war. Auch im Falle Magna gab es sicher Plan B Spiele, Nachbesserungen, bei der weitere Arbeitsplätze gefallen wären.

Bleibt nochmal zu reflektieren, dass die „Deutsche Karte“, also deutsche Standorte vorrangig zu sichern, weil man das Geld dort dafür bereit gestellt hat, nicht hilfreich war. Sie wird in einer Reihe von Roll-back-Maßnahmen auf die Belegschaft zurück fallen. Die europäischen Kollegen werden jetzt natürlich ihre Chance sehen, ihre Standorte zu retten (Produktivität wird dann halt doch eine größere Rolle spielen).

Unter dem Strich: Eine ganz schön komplexe Situation. Und ein Fazit zu ziehen, hängt davon ab, welchen Standpunkt man einnimmt.

Im Grunde kommt die Merkel-Linie eigentlich ganz gut weg dabei. Die hämischen Spiegel-Online-Kommentare über die GM-Entscheidungen gleich nach dem Merkel Kongress Auftritt sind die Kommentare journalistischer Buben, die wirklich gar nichts begreifen. Denn eigentlich hat Merkel immer gesagt, dass es eine unternehmerische Entscheidung ist. Und dass jetzt Spiegel-Online-Redakteure für die unbedingte Magna-Lösung schreiben, die sie am Anfang nicht wollten, zeigt, dass es einfach spätpubertäre Buben sind, die ihren Spass daran haben, Politiker blöd aussehen zu lassen.

Man kann Entscheidungen und Festlegungen treffen, die man dann nicht durchsetzen kann. Das ist bedauerlich, aber nicht zu vemeiden. Ich behaupte, dass das auch nicht auf Angela Merkel zurück fallen wird. Nur die Trotzreaktionen, mit denen die Politik (ich bin gespannt auf das weitere Agieren der Allparteien-Länder-Koalitionen) auf die GM Entscheidung reagiert, wird ihr nichts nutzen. Menschlich verständlich, politisch fatal, so gegen den neuen/alten Eigentümer aufzutreten.

Für den Mitarbeiterstandpunkt zeigt sich schon, dass es fatal ist, die europäischen Spielregeln zu mißachten. Die internationale Solidarität, in diesem Falle der europäischen Standorte, wäre gut gewesen, weil alles, was in der Situation Nebenkriegsschauplätze reduziert, ist gut.

Für mich ergibt sich daraus vor allem eine Konsequenz: Das soziale System Deutschlands skandinavisch umzubauen. Also keine Arbeitsplätze zu retten, sondern durch Umschulungen und Stützungszahlungen aufzufangen. Die Menschen vorzubereiten, dass Arbeitsplatzabbau immer und überall passieren kann, aber dass Sicherheit in der Unsicherheit gegeben wird. Der Fall Opel zeigt auch, dass es ein Kampf gegen Windmühlen ist, immer nur stark sein zu können, wenn man gegen Arbeitplatzabbau und Globalisierung ist, anstatt aus den Veränderungen, die gerade im Falle der Autoindustrie ohnehin anfallen, aktiv mit zu steuern. Die Menschen müssen lernen, dass Veränderung stattfindet. Dann können sie ihre Kräfte darauf richten, diese Veränderung in ihrem Sinne zu gestalten. Andernfalls, und dann wird das sozialdemokratische Dilemma draus, stabilisiert man Weltbilder von Verlierern und man kann sie nur gewinnen, indem man die Verliererweltbilder weiter stabilisiert. Und ob das eine lohnende Perspektive ist, darf bezweifelt werden.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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