Nichtwählen ist nicht sexy. Sondern sozial höchst riskant. (WON01)

Ist es unpolitisch, darüber nachzudenken, ob man nicht wählt? Nach 56 Jahren habe ich erstmals das Gefühl. Gewundert hat mich dann, dass vielen meiner Freunden es ähnlich geht. Als ich mit anderen, Parteifreunden, darüber geredet habe, sagen die, „du hast ja Recht, aber darüber redet man nicht.“ Gradwanderung ist es schon, unsolidarisch, aber wenn es einen Sinn hat, dann doch, vor der Wahl darüber zu reden, dass man dieses Gefühl hat. Und dass es nicht der übliche Reflex auf „die Politiker“ ist. Und man versucht, dem nachzuspüren, warum das so ist.
Wenn man den Fernseher anschaltet, gibt es keine solchen Zweifel. Politiker und Politikerinnen tun so, als ob das gar nicht sein könnte. Sie rechnen einander vor, was der jeweils andere falsch macht. Das wissen wir alles. Dagegen tobt bei Twitter eine Debatte, na ja, eine 140 Zeichendebatte, darum, wie unpolitisch Nichtwählen ist. Ist das „over“ und „below“ the Counter? Oder Potemkinsches Dorf und reales Leben.

Im Grunde ärgert mich ja vor allem das Verhalten meiner eigenen Partei, der Grünen. Ich finde Angela Merkel eine bemerkenswerte Frau, hätte gerne einen Peer Steinbrück als Kanzler, weil es eine Gabe ist, so gut reden zu können (und an seiner Entscheidungsfähigkeit habe ich auch keine Zweifel), ich weiß, dass grüne Minister nüchtern im positiven Sinne ihr Amt ausfüllen würden. Aber bei Schwarzgelb spüre ich keinerlei Intention in der Politik. Und bei Rotgrün ist es mir zu viel politisches Testeron. Während es Politikern nicht mal gelingt, einen Flughafen, einen Bahnhof oder eine Elbchausee fertig zu bauen, blasen sie sich jetzt im Wahlkampf auf, als hätten sie für alles eine Lösung. Meinetwegen könnte es ja sinnvoll sein, auch Steuern zu erhöhen, aber die Fraglosigkeit, mit der sich Politiker hinstellen und mehr Staat als die richtige Lösung verkaufen, das macht mich fassungslos. In ein paar Jahren heißt es dann wieder, Kranker Mann Europas. Und seit Merkel den Soli einfach weiter laufen lassen will, weiß man, auch da tickt nix anders.

Was mich dann noch ärgert, ist, dass es keinerlei Interesse an Wählern gibt, die selber nachdenken. Gerade, wenn man Parteimitglied ist, soll man sich also einer Parteiraison unterwerfen. Aber ich finde: Die ganze Aufstellung stimmt nicht. Auf der einen Seite eine bemerkenswert konzentrierte Kanzlerin und ein wirklich preussischer Finanzminister, die nicht nur deutsche Interessen im Auge haben, sondern ein leistungsfähiges Europa erkämpfen wollen und auf der anderen Seite ein rotgrüner Wunschkatalog, bei dem man fürchten lernt. Dahinter verschwindet der Kandidat. Manchmal fühlt Rotgrün sich an, als ob es das oberste Ziel das wäre, die ganzen Sozialreformen der rotgrünen Regierung wieder rückabzuwickeln. Es wird suggeriert, als hätte man das Ganze auch auf dem sanften Weg haben können. Hätte man aber nicht. Und deshalb ist das für mich haltungslos. Deutschland steht in einem internationalen Wettbewerb, Europa auch. Und die Frage ist, wer das beste Konzept hat, wie wir, Deutschland, Europa weiter besser werden UND der Zusammenhalt wieder stärker wird. Aber auf diese Frage will niemand eingehen. Als wenn wir nicht bis Drei zählen könnten.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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