Gut gebrüllt, Löwe! Und jetzt, Herr Spahn?

Jens Spahn hat Recht. Und Unrecht zugleich. Mehr Geld ist nicht die Lösung, wenn es um die Zukunft der Krankenhäuser geht. Das Thema ist richtig benannt: Es gibt, wie es im kalten Ökonomendeutsch heißt, zu viel Kapazität. Die Folge: Tendenziell wird zu viel operiert. Und es besteht die Gefahr, dass operiert wird, ohne dass die notwendige Kompetenz im Hause vorhanden ist.

Jetzt könnte man sagen, das sind Übergangsprobleme, solange zu viele Krankenhäuser auf dem Markt sind. Nur: Bis dahin zahlen die Patienten die Zeche. Und die Patienten, das sind auch wir.
Wo bleibt da die Verantwortung der Politiker?

Oder noch ein anderes Beispiel: Die, wie Jens Spahn schreibt, zu hohen Lohnsteigerungen. Nun wissen wir alle, dass die Krankenhauslandschaft daran krankt, dass eine ständisch festgefügte Struktur verhindert, dass sich zwischen Ärzten und Pflegekräften im Krankenhaus eine ungute Arbeitsteilung entwickelt. Mit der Spätfolge, dass der attraktive, aber schlecht bezahlte Beruf der Krankenpflegekraft zu wenig Zuspruch findet. Während die Ärzte ihre Verantwortung und ihre Einkommen

Hier wäre es an der Zeit, mal genauer hinzusehen. Und auch mal Tacheles zu reden.

Was heißt da, Verantwortung der Politiker?

Jens Spahn hat sich, das wissen wir alle, mit seiner offenen und deutlichen Art im Gesundheitswesen nicht nur Freunde gemacht. Und das ist gut so, weil Politik, wenn sie gestalten und nicht nur Geld ausgeben will, Leitplanken für eine künftige Gesundheitspolitik vorgeben muss. Das erfordert auch, unangenehme Wahrheiten zu sagen, Lobbies, die ihre Teilinteressen vor das Gesamtinteresse stellen, deutlich zu kritisieren und eben einen Korridor zu benennen, also darüber zu reden, was künftig die Aufgabe der Politik ist, was die der Leistungserbringer und worauf, auch an Unannehmlichkeiten, sich die Versicherten einstellen müssen.

Technologie, Demographie und Verbrauchersouverenität sind, das haben wir in unserer Arena-Analyse  (Out of the Box, KovarHuss 2012) festgestellt, die externen Treiber des Gesundheitssystems. Vieles wird sich in den nächsten 10 Jahren fundamental ändern. Was ich, und das sage ich auch als Lobbyist und Politikberater, in der Politik ALLER Parteien vermisse, ist eine Vorstellung davon, welche Rahmensetzungen die Politik vornimmt, welche Einschnitte sie vorsieht und mit welcher Philosophie sie in das nächste Jahrzehnt startet. Was sie tun will, um die begrenzten finanziellen Mittel besser einzusetzen. Und wo sie die Anbieter in die Pflicht nimmt.

Es gibt Menschen, die sagen, Wahlkampf ist dafür ein ganz schlechter Zeitpunkt. Ist er, meine ich, nicht, schließlich ist der Gesundheitssektor ein Bereich, der uns alle angeht. Wir alle sind von einer guten Versorgung abhängig, jeder zehnte Euro geht dort hin. Und jeder zehnte von uns arbeitet dort. Und im Gesundheitssektor hat Politik tatsächlich etwas zu sagen.

In diesem Sinne: Weiter so, Herr Spahn. Und noch ein paar verlässliche Hinweise darauf, wie die Politik, die überflüssigen Kapazitäten vom Markt nehmen will. Der Wettlauf um mehr Umsatz und mehr „Kunden“ hat, das wissen wir alle, schon zuviel Schaden angerichtet.

Nikolaus Huss

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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