Grüne wohin? Ein Sommerinterview-Schnell-Check.

Der Anlass:
Jetzt finden die Sommerinterviews statt. Eine gute Möglichkeit, zu prüfen, ob die Grünen schon wissen, wie sie weiter machen wollen. Heute im Tagesspiegel Katrin Göring-Eckardt und in der Welt am Sonntag Simone Peter im Gespräch. Heute abend bei der ARD Cem Özdemir.

Der erste Eindruck:
Wer beide Interviews liest, stellt fest, dass beide Interviews sich nicht viel unterscheiden. Außer der Frage, wie man Rotrotgrün betont. Und beide werben nach wie vor um das Verständnis, dass man Abgaben braucht, damit man einen soliden Staat bauen kann. Und natürlich, dass die anderen das alles gar nicht gut machen.

Meine Schlußfolgerung:
Wer so viele Themen anspricht, ohne dass beim geneigten Leser was hängen bleibt (obwohl irgendwie nichts falsch ist), der ringt noch mit seiner Aufstellung.

Mein Hinweis:
Von der SPD lernen, heißt, verlieren lernen. Die SPD hat sich in der Regierung weitgehend durchgesetzt. Die CDU macht SPD Politik. Die SPD hat auch, mindestens, ganz ordentliche Minister. Und dennoch: Es zahlt sich für die SPD nicht aus, die politische Agenda zu bestimmen.

Der Grund: Die „linke“ Erzählung, die Konzepte von rot, grün, Linke, werden nicht mehr geglaubt. Alle aufgeklärten Menschen wissen, dass Politik in seiner Wirkungsmöglichkeit begrenzt ist. Deshalb vertrauen sie mehr Angela Merkel, die eine ganz unpolitische Politik macht. Anstatt den papierernen Rettungsplänen von rot, grün, links zu vertrauen.

Meine Schlußfolgerung:
Grüne sind in den Mühen der Ebenen angekommen. Früher wurden sie als Richtungspartei gewählt. Spätestens seit der schwarzroten Energiewende, die von einem grünen Staatssekretär administriert wird, ist das vorbei. Auch die anderen Themen, Frauenrechte, Minderheitenrechte, sind von den anderen Parteien übernommen worden. Sie müssen ihre Selbstwahrnehmung der Denker/Konzeptpartei hinter sich lassen und zu einer Partei der „Macher“ werden. Vorsprung durch sozialer Intelligenz und Konfliktbereitschaft.

Die Grünen stehen jetzt vor der Alternative: Entweder zurück fallen ins alte Lager oder die Mitte einer neuen aufgeklärten BÜRGERLICH-ENGAGIERTEN Gesellschaft zu werden. Quer zu den alten Linien!

Was heißt das konkret?
Aufhören, so zu tun, als ob man sofort die ganze Welt retten könnte. Darüber reden, was als nächstes ansteht, warum es ansteht, und dass es keine einfachen Lösungen gibt. Dass Zukunft offen ist. Mut machen. Die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft einladen, sich über diese Themen zu verständigen, Prioritäten zu setzen. Auch zugeben, dass es aufgrund der Globalisierung und der Vielschichtigkeit der Entwicklungen (Globalisierung, Technologie, Individualisierung) keine fertigen Lösungen mehr gibt, sondern nur Richtungen. Und dass die Grünen ein Angebot an die Hellwachen und Verantwortungsbewußten in der Gesellschaft sind, sich auszutauschen und über Prioritäten zu verständigen.

Zu unkonkret?
Nein, man muss das begreifen: Wenn wir endlich einmal über die Grenzen der Politik in einer entgrenzten Welt sprechen, stellen wir eine identische Wahrnehmung von Umfeld und Aktiven/Funktionären her. Danach kann man dann über alles reden. Gegen das „Besserwisser-Image“, das den Grünen zu Recht anhängt, kann man nur angehen, indem man zeigt, dass „Besser machen“ erst einmal zuhören und ernst nehmen erfordert. Aber soweit sind die Grünen noch nicht, wenn wir ihren beiden Spitzenfrauen lauschen.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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