Experten der Ex-Post-Analyse. Warum auch der #Sachverständigenrat im #Gesundheitswesen #svr dieses nicht retten kann.

 

Der Sachverständigenrat für Gesundheitsfragen stellt am heutigen 30.9. sein Gutachten „Bedarfsgerechte Versorgung – Perspektiven für Ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche“ zur Diskussion. Hermann Gröhe wird da sein. Es wird wieder mal nett werden. Weil auch der Sachverständigenrat die Scheuklappendenke des deutschen Gesundheitswesens nicht zu überwinden vermag. Eine kritische Replik.

Schon in der Pressemitteilung zum Gutachten wird die Denke der Gutachter deutlich. Dort heißt es: „Unsere Analysen zeigen, dass die bisherigen Maßnahmen bei weitem nicht ausreichend sind, um einer sich abzeichnenden Unterversorgung in strukturschwachen, ländlichen Regionen entgegenzuwirken.“ Und auch, wenn der Sachverständigenrat, ja, endlich, mal deutlich macht, dass neben „stärkeren Anreizen für eine Tätigkeit in ländlichen Regionen“ auch „entschlossene Maßnahmen zum Abbau von Überversorgung in Ballungsgebieten“ ergriffen werden sollen, bleibt das ein fast homöopatischer Hinweis. Man könnte darüber auch anders sprechen.

Bedarfsgerechtigkeit. Mit freundlichen Grüßen von Otto von Bismarck

Der Sachverständigenrat tut so, als ob es einen objektiven Bedarf geben könne. Ganz so, als ob der „gute Herrscher“ sein Ohr nur nahe genug am Bürger haben müsste, um, quasi als Inkarnation des Hegelschen Weltgeistes, zu wissen, was gut ist. Und so heißt es in der Einleitung zum Gutachten: „Unabhängig von Niveau und Struktur des jeweiligen objektiven Bedarfs“. Was ist aber ein „objektiver Bedarf“? Ist das tatsächlich eine Größe, die sich, weitab vom Schuss und vom Geschehen, im Rückspiegel so einfach feststellen lässt? Mit Kennzahlen, wissenschaftlich fundiert und evauliert?

Ich habe da so meine Zweifel.  Ich sehe das anders.

Gute Lösungen entstehen, wenn die vorhandenen Mittel in flexiblen Strukturen zur Verfügung stehen. Die Anbieter können ihre  Angebotsform so lange verändern, bis sie passen.

Märkte sind Suchmechanismen nach besten Lösungen. Sie verzichten bewusst darauf, vorab „ein Modell“ vorzugeben, das zu erreichen ist. Rahmengeber müssten deshalb darüber reden, was sie tun müssten, damit die Akteure über  die notwendige Flexibilität verfügen, um „beste Lösungen“ im Sinne ihrer Kunden, der Krankenversicherungen, -kassen, Versicherten und Patienten zu haben. Und worauf sie achten müssten, damit die erwirtschafteten Ressourcen nicht einfach in die Taschen der Anbieter wandern. Ohne entsprechende Gegenleistungen.

Wissenschaftlich würde man dann nicht vom „objektiven Bedarf“ reden sondern davon, dass in ländlichen Regionen zu wenig ärztliche Ansprechpartner zur Verfügung stehen und wir dafür Lösungen brauchen. Lösungen, das kann bedeuten, dass a) manche Leistungen statt vom Arzt auch von einer ausgebildeten Pflegekraft übernommen werden könnten, b) Manche Beratungsleistungen statt vor Ort auch über technologische Lösungen (Internetdoktor) erbracht werden könnte, das Internet auch EINE Quelle der Informationsbeschaffung ist, und natürlich auch d) da hat der Sachverständigenrat wieder recht, die Überversorgung in einigen städtischen Gebieten eine echte Fehlsteuerung darstellt und deswegen der unverzüglichen Korrektur bedarf.

Letzteres  aber hätte die Politik schon längst machen können, sie hätte nur die Fiktion des Versorgungsauftrags, mit dem die Kassenärztlichen Vereinigungen die Leistungserbringung blockieren, diesen Kartellen der Machtausübung einfach entziehen müssen. Weil sie eben diese in Aussicht gestellte Leistung nicht erbringen. Da hätte man keine Gutachten machen müssen, da hätte man einfach beherzt sagen können, Jungs und Mädels, wenn ihr das, was ihr behauptet, nicht erbringt, dann ist das auch keine Verhandlungsgrundlage mehr. Schluß, aus, Ende!

Der Sachverständigenrat wäre in einer solchen, seit langem andauernden Situation dann auch derjenige, der verschiedene Szenarien entwickeln könnte, wie dann die Versorgung in andere Bahnen geleitet werden könnte. Szenarienentwicklung nennt man das, da wäre es auch gut, wenn sich die Herren total uneins wären. Und diese Uneinigkeit auch wissenschaftlich zum Ausdruck bringen würde. There is an alternative! Or, maybee, two or three.

Aber stattdessen fassen sich alle am Händchen und sind nett miteinander. So wie in der deutschen Nationalhymne: Einigkeit steht da ganz am Anfang.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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