Es gibt Dinge, die können wir uns nicht vorstellen. Aber sie funktionieren. Zum Beispiel die Welt.

Bleiben wir beim Thema (Wer soll das alles ändern): Wir sehen nur, was wir wissen. Wir befinden uns in einer vielschichtigen Umbruchsituation. Unsere politische Ordnung hat erhebliche Löcher, der Nationalstaat schon längst keine Grenzen mehr, die Rahmensetzung ohne Nebenfolgen zulässt, die Digitalisierung der Welt schmeißt haufenweise Geschäftsmodelle und Existenzen über den Haufen. Die Globalisierung führt zur Entwertung von Arbeitskraft in den etablierten Ländern, immer mehr auch in akademischen Berufen, weil junge Menschen aus anderen, größeren und dynamischen Ländern billiger und ebenso qualifiziert sind. Wir können also jede Entwicklung anhand der Bedeutungsverluste der alten Welt beschreiben. Aber beschreibt sie dann auch die Welt so, wie sie ist?

Unser wissenschaftlich verbildeter Kopf zwingt uns immer in diese eindeutigen Wenn-Dann Beziehungen. Also: Wenn immer mehr Alte und immer weniger Junge in Deutschland leben, geht das Wirtschaftswachtum nach unten. Wenn die Chinesen und Inder immer mehr junge und dynamische Menschen ausbilden, sind wir die Wohlstandsverlierer. Und für alles entwickeln dann Politiker einen Plan, stellen sich auf den Marktplatz und rufen uns zu, dass sie wissen, wie man die Wohlstandsverluste, den Abstieg Deutschlands, die Vergreisung der Welt verhindert. Dass, wenn wir uns diese Regierung ansehen, die jetzt erst noch mal schnell ein paar schlecht entwickelte Ideen umsetzt, die ein paar Rentnern noch gute Zeiten sichert, viel Aufwand mit sehr wenig Ertrag, ist man mit Recht verzweifelt.

Gut ist aber, dass es doch immer anders kommt, als man denkt. Unser Kopf, behaupte ich, hat es noch nicht gelernt (oder kann es nicht lernen), anders zu denken und wahrzunehmen als die Welt von Morgen in den Kategorien von Gestern zu beschreiben. Da landet man dann in einer Verlustsackgasse. Da hilft es, sich mittels Markus Gabriels „Warum es die Welt nicht gibt“ eine Vorstellung zu entwickeln, dass die Dinge nicht so sein müssen, wie wir aufgrund unserer Vorstellungswelten annehmen, dass sie sein müssten.

Zwei Beispiele aus der Alltagswelt. Niemand hätte geglaubt, dass die Deutsche Telekom und ein paar Deutsche Buchhändler es schaffen, Amazon etwas wegzunehmen. Tatsache ist, dass der Tolino, das Lesegerät von Telekom und Hugendubel, nach einem Jahr bereits 35 Prozent Marktanteil hat. Amazon hat 48 Prozent. Das ist ein Erfolg. Ja, es stimmt auch, dass der Deutsche Buchhandel insgesamt dem hinterherhinkt. Weil sich die Gremien auf nichts einigen können. Aber jetzt könnten sie ja aufspringen, wenn sie noch retten wollen, was zu retten ist. Hätte jemand tatsächlich geglaubt, die Deutsche Telekom und ein Kettenbuchhändler, der über sein Ladengeschäft ja bereits als abgeschrieben gegolten hat, könnte so etwas wuppen? Nein, hätte niemand geglaubt. Oder die Sache mit den zweitstaatlichen Konzernen. Im Handelsblatt lese ich, die meisten zweitstaatlichen Konzerne sind nach kurzer Zeit zum Scheitern verurteilt. Es gibt aber zwei Ausnahmen, Shell und Unilever. Was heißt, es geht doch. Bei Airbus könnte das auch der Fall sein, aber die haben derzeit mit ihrer Zweistaatlichkeit noch heftig zu kämpfen.

Was heißt das alles? Das Fatale an unserem Weltbild ist doch, dass wir uns so einschränken. „Man kann doch nichts tun“ heißt es dann. Wie gestern abend, bei der Diskussion über die Schick’sche Machtwirtschaft. Tatsache ist, dass man sehr wohl etwas tun kann. Jeder, jeden Tag. Wir wissen nur nicht, welchen Erfolg und welche Wirkung das hat. Und die Konsequenz unseres westlichen Weltbildes ist doch eine ganz irdische: Wir fühlen uns ohnmächtig, man kann ja doch nichts machen. Stimmt aber nicht.

Ich beobachte junge Menschen, die, so wird es behauptet, sich von der Politik längst verabschiedet haben. Woraus sie sich nicht verabschiedet haben, ist, dass sie sich um ihr Leben kümmern. Es gibt Träume und enttäuschte Träume. Es gibt Lernerfahrungen und es gibt Mut und Illusionen und die Suche nach dem für ihn und sie richtigen Lebenskonzept. Ich habe, da ist Deutschland natürlich die Insel der Seeligen, nicht das Gefühl, dass die Menschen alle verdrießlich und schlecht gelaunt sind. Nee, die machen ihr Ding. Scheuklappen auf und durchgezogen.

Man könnte meinen, die jungen Menschen sind längst Unternehmer in eigener Sache geworden. Das ist gut so. Und die Politik? Die stellt sich daneben, will den jungen Menschen, die gerade damit beschäftigt sind, ihr Ding zu machen, ihren Weg zu finden, erklären, wie sie sie retten kann. Die wollen aber noch gar nicht gerettet werden, die wollen erst einmal leben.

Was des heißt? Dass die Großweltenretter besser daran täten, ihre Bedeutung mal zurückzuschrauben. Nicht weil man die Überschuldung nicht lösen müsste. Nein, das ist ein Problem in politischer Reichweite. Geld, das man nicht hat, kann man nicht ausgeben. Also nicht den Kuchen von morgen schon heute verteilen, Staatsanteil reduzieren und mal sehen, was passiert.

Um alles andere kümmern sich die Menschen schon selber.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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