Bürokratenquatsch. Wie der Europäische Rechnungshof teure Autobahnen in den Griff kriegen will

Echter Bürokratenquatsch. Eine Datenbank zu Autobahnpreisen soll diese künftig biliger machen. So stellt der Rechnungsprüfer sich das vor.

Ein Mensch mit gesundem Menschenverstand und Ausschreibungserfahrung denkt sich aber:

Ja, zu oft wird das billigste Angebot genommen. Und dann gibt es immer noch Querverbindungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, manchmal, weil es gute Beziehungen und Leistungen gibt, manchmal, weil bestochen worden ist.

Jede Datenbank würde an den illegalen und den legalen Ausschreibungsmethoden nichts ändern. Weil keine Autobahn dieselbe ist, weil man, wenn man jemanden über den Tisch ziehen will, immer Hintertüren einbauen kann, die einem später erlauben, das Angebot aufzuschnüren.

Das Problem lässt sich nicht mit toten Instrumenten lösen, sondern nur mit lebendigen. Zum Beispiel, dass der Auftraggeber (im Extremfall) die zusätzlich anfallenden Kosten selber tragen muss. Oder Teile oder …..

Jedenfalls verkennen Rechnungshöfe die Dynamik der Verhandlungssituation und den „subjektiven Faktor“. So ist das, wenn man immer nur über Papier brütet und denkt, man wüsste dann, wie die Welt zu regulieren ist.

Beitrag im Handelsblatt:


Verschwendung im Straßenbau

Der Europäische Rechnungshof kritisiert, dass durch Planungsmängel die Kosten für Infrastrukturprojekte in die Höhe getrieben werden, und schlägt eine EU-weite Datenbank mit Stückkosteninformationen vor.

Thomas Ludwig | Brüssel | Dienstag, 6. August 2013, 19:49 Uhr

Deutschlands Brücken und Straßen gelten vielerorts als marode und renovierungsbedürftig. Doch für die Sanierung ist kein Geld da. Sagt die Politik. Und treibt die Debatte über Pkw-Maut und Straßengebühren voran. Dabei ließe sich beim Bau neuer Verkehrswege viel Geld sparen. Das zumindest legt ein Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes nahe. Demnach kennzeichnen Verzögerungen und Kostensteigerungen Europas Straßenbau. Im Schnitt sind die Kosten um fast ein Viertel zu hoch.

Die Prüfer haben exemplarisch 24 Investitionsprojekte des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Kohäsionsfonds im Bereich Straßenbau in Polen, Griechenland, Spanien und Deutschland untersucht. Diese vier Staaten erhalten mehr als die Hälfte aller EU-Gelder zur Kofinanzierung von Straßenprojekten. Das Fazit der Prüfer: „Es wurde zu wenig darauf geachtet, die Kosteneffektivität der Projekte zu gewährleisten.“ Und weiter: „Eine verbesserte Transportkapazität hätte günstiger erzielt werden können.“

In Deutschland nahmen die Prüfer sechs Autobahn-, Schnell- und Landstraßenprojekte in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern unter die Lupe. Nur eines davon blieb im ursprünglich anvisierten Kostenrahmen.

Seit Beginn des Jahrtausends wird die EU bis zum Ende dieses Jahres 65 Milliarden Euro für die Kofinanzierung des Straßenbaus und der Straßenerneuerung zur Verfügung gestellt haben. Die Gesamtkosten der geprüften Projekte beliefen sich auf mehr als drei Milliarden Euro.

Von den 24 geprüften Projekten wurden lediglich sieben zu dem ursprünglich vereinbarten Preis fertig, davon eines in Deutschland, fünf in Polen und eines in Spanien. Ferner stiegen die Kosten für elf Projekte während der Bauphase um mehr als 20 Prozent. Vor allem Planungsfehler und falsche mengenbezogene Schätzungen in den Dokumenten und Preisindexierungen waren der Grund. „In Deutschland, Griechenland und Spanien wurden häufig Überprüfungen der Arbeiten und Vertragsanpassungen vorgenommen, was zu Dutzenden Vertragsänderungen und zusätzlichen Zahlungen führte“, stellen die Prüfer fest.

Im Schnitt belief sich die Zusatzzahlung bei allen Projekten nach Unterzeichnung der Verträge auf 23 Prozent. Die Extremwerte waren dabei ein Kostenzuwachs von 36 Prozent bei den griechischen Projekten und von nur einem Prozent in Polen. Deutschland liegt im Mittelfeld. Die niedrigsten Kosten für den Bau der Fahrbahn wurden bei den in Deutschland geprüften Projekten festgestellt, gefolgt von denen in Griechenland, Spanien und Polen. Es deute aber nichts darauf hin, dass dies auf die Lohnkosten zurückzuführen sei, stellten die Prüfer fest.

Ursächlich für aus dem Ruder laufende Kosten sind auch übertriebene Verkehrsprognosen vor Beginn der Bauarbeiten. So wurden bevorzugt Autobahnen gebaut, auch wenn Schnellstraßen zur Lösung der Verkehrsprobleme ausgereicht hätten. Bei 14 von 19 Projekten blieb das Verkehrsaufkommen jedoch hinter den Erwartungen zurück.

Große Preisunterschiede innerhalb Europas gibt es zudem beim Material, wie etwa Zement, Sand und Stahl. Deshalb kostete hierzulande ein Quadratmeter Brückenplatte rund 1,3 Millionen Euro, während er in Spanien schon für 696.000 Euro zu haben ist. Kostet ein Meter Leitplanke in Deutschland knapp 25 Euro, sind es in Polen 35.

Die durchschnittliche Verzögerung der geprüften Projekte betrug neun Monate von der geplanten bis zur tatsächlichen Öffnung für den Verkehr. Deutschland liegt mit sieben Monaten unter dem Schnitt. In Griechenland wurden die Straßen durchschnittlich 16 Monate zu spät für den Verkehr freigegeben.

Für die Zukunft empfehlen die Rechnungsprüfer die Einrichtung einer EU-weiten Datenbank mit Stückkosteninformationen für Ingenieure, die Kostenvoranschläge für neue Projekte erstellen. Mit Hilfe einer solchen Datenbank ließen sich die Beschaffungspreise senken. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten bei Bauprojekten für mehr internationalen Wettbewerb sorgen und ihre Auftragsvergabesysteme schwerpunktmäßig darauf ausrichten, dass die wirtschaftlichsten Angebote geliefert werden.

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Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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