Aus für die Grünen

Das Fragezeichen fehlt. Wenn wir dem aktuellen Spiegel, die FAZ, Leuthäuser vom 17.2. oder Miriam Lau, die schon seit längerem in der Zeit an den Grünen verzweifelt, Glauben schenken, braucht man kein Fragezeichen. 

Ich meine, „Last Call für die Grünen“. Ich will das ein wenig begründen. Im Blick zurück.

Was wir waren, was wir sind. 

Zu Anfang waren die Grünen eine radikale Partei. Immer auf der richtigen Seite, “für die Zukunft unserer Kinder”, immer auf der Seite der Schwachen.

Dieser radikalen Inszenierung kommen Grüne weiterhin in rituellen Demo-Unterstützungen und radikalen, aber weitgehend folgenlosen Reden nach. 

Am Ergebnis, Stand heute, gemessen sind die Grünen die erfolgreichste Partei der Nachkriegsgeschichte. Von Null auf 30 Prozent in dreißig Jahren (wenn man Baden-Württemberg als Maßstab nimmt). 

Sie sind auch deswegen die erfolgreichste Partei, weil sie dreißig Jahre lang Agendasetter waren. Geschlechtergerechtigkeit, Minderheitenrechte, streitbare Demokratie, Politik aus der Perspektive des Planeten, der Perspektive von Morgen, Energiewende, Haushalten mit den Ressourcen. 

Keine Partei hat mehr neue Ansätze in der Politik formuliert als die Grünen. 

Und jetzt: Grün zerstritten, saftlos, kraftlos, auf seltsame Weise wirklichhkeitsfremd. 

Kein Abgesang auf die Grünen, sondern ein Weckruf!

Das hier ist kein Abgesang auf die Grünen, es ist ein Weckruf. 

Die Grünen waren deswegen erfolgreich, weil sie sich ständig verändert haben. Erst linksradikale Apo-Partei, dann Spielbein-Standbein Therorie, so haben sie sich an die Spitze politischer Macht gestritten, gewühlt. 

Jetzt sind sie, jetzt sind wir, angekommen. In der oberen Mitte. Oben, weil bildungs- und einkommensmäßig sind die Grünen top. Noch vor der FDP. 

Wenn man die Realität der Grünen Wählerschaft auf der einen Seite und den wieder linksradikal gewordenen Jürgen Trittin auf der anderen Seite betrachtet, fragt man sich: Meinen diese beiden Pole eigentlich dieselbe Partei? Und leben die eigentlich in derselben Welt?

Ich erwähne Jürgen Trittin deswegen namentlich, weil er von allen “alten”, die freilich nicht so alt sind, Grünen, die noch aktiv im Amt sind, der einzige ist, der Köpfe bewegen kann. 

Jürgen Trittin geht es in den aktuellen Auseinandersetzungen vor allem darum, seinen Platz in der Geschichte zu sichern. Er hat, sprechen wir es aus, den letzten Wahlkampf vergeigt. Knn passieren, nur wer was macht, macht Fehler. Gut, es kam die Kinderpornogeschichte dazu, die Veggieday-Kacke, aber das Fundement für das Versagen war früher gelegt. Es war der linksradikale Umverteilungsreflex. 

Jürgen Trittin ist für mich deswegen ein tragisches Beispiel, weil er einer der besten Minister war, die dieses Land jemals hatte, klare Ansagen, aber auch die Fähigkeit, bei Nichtkooperation Sanktionen durchzusetzen, erstklassige Führung seines Ministeriums, auch einfach einer der klügsten Köpfe der Republik. 

Meint ein Jürgen Trittin tatsächlich, dass in einer Zeit, in der die “grüne” Langfristagenda, Politik aus globaler Verantwortung, Pollitik für den Planeten, aufgrund der Dringlichkeit aktueller Themen in den Hintergrund gedrängt wurde, eine (innenpolitisch wahlkampfoptimierte) Gerechtigkeitsstrategie richtig für dieses Land, für Europa, für die Welt ist? 

Ich glaube nicht. Das vollmundige Gerechtigkeitsversprechen, wie es aktuell die Linkspartei und neuerdings Martin Schulz formuliert, verspricht im Wahlkampf, was es danach nicht halten kann. Risiken und Nebenwirkungen einer auf politische Umveteilung abzielenden Politik entschleunigen und schwächen dieses Land. Es ist die falsche Perspektive für eine grüne Wahlkampfstrategie. 

Grün ist Mitte!

Grün ist Mitte. Wenn Grün, wofür ich plädiere, auch wieder vorne sein will, dann müssen wir einmal innehalten und uns mit unserer Erfolgsgeschichte beschäftigen.

Grün hat viel angestoßen, das durchzieht jetzt die Gesellschaft. Aber wenn Grün meint, die Gesellschaft durch Gesetze, durch Fördermaßnahmen weiter gängeln, entschleunigen und „steuern“ zu können, hat Grün die Zeichen der Zeit nicht verstanden. 

Das Thema Klima bleibt. Das Thema “vernünftiger Umgang mit Ressourcen” bleibt, das Thema “gesellschaftliche Fairness” bleibt. Darüber hinaus haben sich aber ein paar Themen am Horizont aufgetan, die der dringenden Bearbeitung bedürfen. 

Wie gehen wir mit dem Zerfall der westlichen Gesellschaften um? (Und, nein, das ist kein Gefühl, das man mit Umverteilung eliminieren kann, sondern nur mit Führung). Wie gehen wir mit der Tatsache um, dass der Westen, im Moment sprechen wir besser davon, Europa, sein Einkommens- und sein politisches Modell gegenüber größererer, jüngerer, oftmals sehr dynamischen Gesellschaften, Indien, China, Russland, die afrikanischen Länder, sichern und weiter entwickeln kann? 

Finden Grüne dazu eine eigene Antwort, eine eigene, auch aktuell wirkmächtige Antwort? 

Wie es nicht geht, will ich an einem Beispiel festmachen. 

Robert Habeck, den ich für seine frische Art, für seine Unbekümmertheit und auch seine Fähigkeit, ein Ministerium “streitbar-kommunikativ” zu führen, sehr schätze, hat einen Blogbeitrag geschrieben, der eine quasi “State of the art”-Antwort “der” Grünen auf die globalen politischen Fragen ist.

Wenn Robert Habeck also in seinem Blog über “Zeit für eine grüne Sicherheitspolitik” schreibt: “Die Sicherheit Deutschlands wird mit Klimaschutz verteidigt”, ist das nur ein Teil der Wahrheit. Und eben, weil der andere, unangenehme, reale Teil “Wie gehen wir mit einem wachsenden radikalisierten politischen Islam als Westen um”, ausgeblendet wird, der Teil, der viele Menschen umtreibt, deswegen erscheint die grüne Antwort auf diese Frage seltsam gegenwartslos. 

Alles hängt mit allem zusammen, das ist sicher richtig. Und die Flüchtlingskrise hat auch mit einer knallharten Interventionspolitik der USA zu tun, die dem Westen den Zugang zu fossilen Ressourcen gesichert hat. Die ist gescheitert. Aber dieses schuldbewußt anzuerkennen, auf die Klimafrage zu verweisen und ansonsten zu signalisieren, wir müssten die Tore Europas, offensichtlich aus Schuldbewußtsein, offen halten, das ist keine wirkliche Antwort. 

Eine echte, heute wirksame Antwort wäre, die globalen Perpektiven mit den eigenen Interesssen, den deutschen, den europäischen, den westlichen abzugleichen und daraus einen Handlungskorridor zu entwickeln. 

Einer der die Umbrüche ernst nimmt, der auch, um das zweite große Thema zu nennen, die Digitalisierung und die damit verbundene disruptive Innovation ernst nimmt und daraus eine mutige Veränderungsperspektive formuliert. 

Das vermissen die Menschen, die immer grün gewählt haben, die aktiv in der Mitte der Gesellschaft sind, die aber erkennen, dass der politische Handlungskorridor schmäler ist, als wir uns am grünen Tisch alle ausgemalt haben. 

Und was bedeutet das für die Grünen? 

Just do. What has do be done!

Klar ist, dass nur ein gemeinsam geführter Wahlkampf zum Erfolg führen kann.

Das geht, wenn man politischen Erfolg künfit daran messen würde, was man, was Grün in der nächsten Legislaturperiode tatsächlich machen will. 

Das würde lediglich erfordern, dass man endlich die eigene Papiergläubigkeit überwindet, in den Bundesländern Hessen, Baden-Württemberg, sich darauf besinnt, dass geräuschlos regieren auch keine Lösung ist, sich dort also mehr profiliert. Und auf bundespolitischer Ebene die unangenehme Antwort auf die aktuell anstehenden Fragen gibt: Es gibt keine einfache Lösung in der Flüchtlingsfrage, des eigenen Wohlstands und Zusammenhalts willen machen wir Abstriche an unseren eigenen Werten und Idealen. 

So ist die Welt. Kraft werden die Grünen nur dann wieder kriegen, wenn sie das begrenzte Vermögen der Politik, nationaler Politik endlich mal mit einpreisen. Wir haben nicht nur die Wähler mit dem höchsten Einkommen, wir haben auch die klügsten Wähler (und Wählerinnen). 

Wer, wenn nicht wir, sollte also die Unwirtlichkeit der Welt am besten als Ausgangspunkt seiner politischen Prioritäten bestimmen können. 

Das erfordert nur Mut. Und ist übrigens in jeder politischen Konstellation zu machen. 

 

Auf die gemeinsame Haltung kommt es an! Verankert im Hier und Jetzt. Mit Perspektive auf Morgen!

 

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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