Agendasetting. Herausforderungen als Chance nutzen

Chris Christie, ein dicker Amerikaner. Eigentlich ein No Go. Aber er zeigt, wie man mit „No Go“ umgehen kann. EiN Argument gegen alle, die meinen, man muss immer die ausgetretenen Wege gehen.

Süddeutsche Zeitung, Die Seite Drei, 16.07.2013

USA

Ein Mann mit Gewicht
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Von Nicolas Richter

Sayreville – Es kann beängstigend sein, Chris Christie in der Mittagshitze zu
beobachten. Viele Zuschauer haben sich längst zurückgezogen in den Schatten,
unter die Bäume, auf die Veranden der Häuser, deren amerikanische Flaggen
schlaff an den Fahnenstangen hängen. Die Menschen blicken auf das Rathaus von
Sayreville, vor dem Christie steht, ihr Gouverneur. Sie jubeln ihm so laut zu,
wie sie eben dem Rocksänger Jon Bon Jovi zugejubelt haben, der hier geboren
wurde und der zu Besuch ist. Christie klingt selbst wie ein Rockstar.

„All right“, sagt er.

Er steht in der Sonne, 40 Grad, die Krawatte fest um den Hals gezogen, die
Taille groß wie das Rednerpult.

Im vergangenen Herbst ist Hurrikan Sandy hier auf das Festland getroffen, hat
Teile New Jerseys überspült, unterspült, weggespült. In jener Nacht muss
Christie beschlossen haben, dass er stärker ist als der Sturm. Obwohl sich der
Hurrikan über Land schnell auflöste, hat Christie bis heute nicht aufgehört,
ihm zu trotzen.

Erst stand der Gouverneur Tag und Nacht in einer blauen Fleece-Jacke im
Regen, im Krisenzentrum, vor den demolierten Häusern in Sayreville und
anderswo, er drückte die Menschen an sich, versprach, dass er wiederkomme, kam
wieder und wieder. Als der Sommer nahte, eröffnete er jede reparierte
Strandpromenade, lockte die Touristen zurück, warb mit Stränden, Eis- und
Surfläden, beschimpfte Parteifreunde in Washington als „widerlich“, weil sie
kein Geld für den Wiederaufbau schickten.

Christies Slogan für diesen geschundenen Küstenstaat lautet „Stronger Than
The Storm“. Wahrscheinlich soll man das so verstehen, dass auch er stärker ist
als der Sturm, mit seiner Energie, seinen Tiraden, seiner ganzen
New-Jersey-Attitüde – großes Herz, große Klappe.

Doch in Sayreville, unter der Sonne stehend, wirkt er nicht nur wie eine
Naturgewalt, sondern wie jemand, der wie jeder andere der Natur ausgeliefert
ist. Im Juli vor zwei Jahren hat man ihn bereits wegen Atemnot ins Krankenhaus
gebracht. Christie ist Asthmatiker, vor allem aber: sehr übergewichtig. Kann es
ihm gehen wie dem Sturm – dass ihm trotz all seiner Wucht plötzlich die Luft
ausgeht?

Die Frage ist bedeutend für das ganze Land, denn Christie gilt als möglicher
nächster Präsident der Vereinigten Staaten. Christies Geschichte handelt nicht
nur davon, was Dicksein in Amerika bedeutet, sondern auch davon, was dieses
Land einem Dicken zutraut – oder auch nicht. Die Amerikaner können sich
inzwischen viele Menschen vorstellen im höchsten Amt, die sie sich dort vor
Jahren noch nicht vorstellen konnten: Schwarze, Latinos, Frauen.

Auch einen Mann, der sehr dick ist?

Vor ein paar Monaten sagte Connie Mariano, eine frühere Leibärztin im Weißen
Haus, Christie solle sein Gewicht in den Griff kriegen, bevor er Präsident
werde. Schlaganfall oder Herzinfarkt seien für ihn eine Zeitbombe. Dann sagte
Mariano: „Ich fürchte, dass er im Amt stirbt.“

Christie antwortete, wie Christie eben antwortet: „Sie muss ein Genie sein,
wenn sie mich von Arizona aus diagnostizieren kann, aus 2400 Meilen Entfernung.
Sie sollte Gesundheitsministerin werden. Nein, hört zu: Sie ist nur ein
weiterer Schmierfink, der ins Fernsehen möchte. Völlig unverantwortlich. Mein
Sohn hat sie gestern gesehen und mich gefragt, ob ich sterbe. Sie kann gern in
ein Flugzeug steigen und mich untersuchen. Aber bis dahin sollte sie die Klappe
halten.“

Zehn Tage später ging Christie unter falschem Namen in eine Klinik und ließ
sich den Magen verkleinern. Nicht mal die Vize-Gouverneurin wusste Bescheid.
Erst Anfang Mai erfuhr eine Zeitung von der heimlichen Operation, die für viele
Fettleibige im Land das letzte Mittel ist. Christie erklärte sich, obwohl er
vorausschickte, dass dies eigentlich niemanden etwas angehe.

Er sagte, sein 50. Geburtstag habe ihn nachdenklich gemacht. Jahrzehntelang
habe er alles Vorstellbare versucht, um abzunehmen, aber es sei ihm nie auf
Dauer gelungen. Also habe er sich operieren lassen – für seine Frau Mary Pat,
für seine vier jungen Kinder. „Es ist keine Entscheidung für die Karriere,
sondern für meine langfristige Gesundheit.“

Für Amerikas Politikanalysten freilich konnte die Korrektur nur eines
bedeuten: Christie strebt endgültig ins Weiße Haus, im Jahr 2016 wird er
versuchen, Barack Obama zu beerben. Er hat gute Chancen: Kein Republikaner ist
auch unter Demokraten so beliebt wie Christie. Oder macht seine Figur am Ende
alles zunichte? 20 Prozent der Amerikaner sagen, dass sie einen Übergewichtigen
aus Prinzip nicht wählen würden. Immerhin sagen alle anderen, dass es ihnen
egal wäre.

Der letzte fettleibige US-Präsident war William Howard Taft, von dem man sich
bis heute erzählt, dass er einmal in der Badewanne steckenblieb. Das war vor
dem Ersten Weltkrieg.

Heute sieht es für einen Dicken wie Christie einerseits besser aus als
damals: Schließlich sind die Amerikaner heute so dick wie noch nie. Zwei
Drittel aller Erwachsenen sind übergewichtig, ein Drittel fettleibig. Das Land
ist süchtig nach ungesundem Essen, die Menschen beziehen ein Fünftel ihrer
Kalorien aus Fastfood-Lokalen, lassen sich Superportionen direkt ins Auto
reichen oder vom Pizza-Boten nach Hause bringen. Warum sollten sie nicht
jemanden wählen, der so aussieht wie sie? Gleicht ihnen Christie nicht viel
mehr als der drahtige Barack Obama?

Andererseits aber werden in Amerika wenige Menschen so offen verachtet wie
die Dicken. Keine andere Eigenschaft verleitet viele Amerikaner dazu, ihre
Vorurteile so schonungslos auszusprechen, keine andere setzt schon Schulkinder
solch unerbittlichen Anfeindungen aus. Seit es die anonymisierten
Kommentarspalten im Internet gibt, kennt der Hass keine Grenzen mehr. Das
bedeutet zwar, dass die Schlanken in den USA etwa hundert Millionen Mitbürger
verachten müssen, aber die Verachtung reicht tatsächlich für alle.

Christie verrät nicht, wie viel er wiegt. Er hat ein paar Dutzend Pfund
abgenommen seit seiner Magenoperation, aber er ist noch immer stark
übergewichtig und dürfte auf absehbare Zeit mindestens ein dicker Mann bleiben.
Das könnte ihm den Weg ins Weiße Haus schon deswegen erschweren, weil in
Amerika eine tief liegende Furcht davor herrscht, dass der Präsident stirbt.
Jeder Kandidat für das Weiße Haus hat über seine Gesundheit reden müssen. War
John McCain nicht zu alt? Rauchte Barack Obama nicht zu viel? Steht Christie
überhaupt den Wahlkampf durch?

Christie, ein Kind aus irisch-sizilianischer Familie, was sein Temperament
erklärt, war schon als Schüler pummelig und musste die üblichen Hänseleien
ertragen. Am Gymnasium war er sportlich, sogar schlank, aber er wurde selbst
damals das ewige Gefühl nicht los, zu schwer zu sein. „Ich war dünn“, erzählt
er, „aber ich fühlte mich fett.“

Nach einer Karriere als Staatsanwalt trat er vor vier Jahren für den Posten
des Gouverneurs an, als Rechter in einem linken Staat. Am Ende wusste sich sein
Widersacher nur noch mit wenig subtilen Anspielungen auf Christies Gewicht zu
helfen; er behauptete, Christie habe mit „seinen Pfunden gewuchert“. Er
erweckte den Eindruck, Christie sei unverantwortlich, mit seinem Körper, aber
womöglich auch in anderer Hinsicht.

Christie entgegnete: „Er sollte ein Mann sein und sagen, dass ich fett bin.“

Er hat diese direkte Art zu seiner Marke entwickelt. Christie ist ein
Youtube-Politiker, dessen Angriffe auf Zwischenrufer, Sprücheklopfer,
gewerkschaftlich organisierte Lehrer in endlos wiederholbare Filmclips passen.
Bei einem seiner zahllosen Town Hall Meetings mit Bürgerinnen und Bürgern
steckte er jemandem einmal fast den Zeigefinger ins Auge und sagte: „Leute wie
Sie, die ihre Stimme heben und schreien, spalten dieses Land.“

Christies Stil gilt als „no nonsense“, im zuweilen derben New Jersey heißt
das: „no bullshit“. Es bedeutet, dass man einerseits mitfühlt, andererseits
aber keinen Nerv für Schwachsinn hat. Christie findet, dass Politiker sagen
sollten, was sie denken. (Erst recht in New Jersey, wo die Leute aus seiner
Sicht eh nur ruppige Ansagen verstehen.) Als im Jahr 2011 der HurrikanIrene
nahte, rief er den Badegästen zu: „Haut verdammt noch mal vom Strand ab.“

Werde man als Politiker von Wut-Bürgern bedrängt, sollte man seiner Meinung
nach sagen: „Setz dich und halt die Klappe, du Idiot.“ Christie findet das
nicht überheblich, sondern ehrlich. „Deswegen sage ich: Du bist ein Idiot, und
wenn du ein Idiot bist, nenne ich dich Idiot, und wenn es dir nicht gefällt,
dann hör auf, ein Idiot zu sein.“

Seine Fans lieben ihn dafür. Sie halten ihn für einen der ganz wenigen
ehrlichen Politiker, und noch dazu für einen von ihnen. Wer allerdings so
austeilt wie Christie, muss sich der Kritik am eigenen Aussehen zwangsläufig
stellen. Im Februar erschien er in der Fernseh-Talkshow von David Letterman,
der jahrelang Dickenwitze über Christie gemacht hatte. Während Letterman ihn
vorstellte, zog Christie einen Donut aus der Tasche und biss rein. Später las
er einen Letterman-Christie-Witz vor: „Vor dem Superbowl-Abend geben Amerikaner
eine Milliarde Dollar für Chips aus. Und das ist nur für das Haus von Chris
Christie.“

Nur der Gouverneur selbst weiß, ob er den selbstironischen Auftritt wirklich
genossen hat. Immerhin brachte er zwischen allen Späßen eine ernste Botschaft
unter: „Meine Blutwerte sind normal. Ich bin der gesündeste fette Kerl, den es
gibt.“

Chris Christie hat Freunden hin und wieder erzählt, dass ihn der Hass der
anderen durchaus verletze. „Hey, Gouverneur, wie viele Stück Butter hatten Sie
zum Frühstück?“, twittern die Leute, oder: „Christie ist zu fett, und
Amerikaner hassen fette Leute.“

Bei jedem beliebigen Sachthema greifen ihn Kritiker wegen seiner Figur an.
Als Christie nach HurrikanSandy mit dem demokratischen Präsidenten Barack Obama
die verwüsteten Landstriche besichtigte, nannten ihn Konservative einen
Verräter, weil er vor der Wahl den Falschen in Szene setzte. „Hört nicht auf
Gouverneur Christie“, verlangte der rechte Moderator Rush Limbaugh, „er ist
fett und ein Narr.“

Als der Katholik Christie neulich behauptete, die Homo-Ehe sei unnatürlich,
entgegnete der Satiriker Bill Maher: „So unnatürlich, wie wenn sich Christie
auf seine Frau wälzt und vögelt, so schnell er kann, bevor sein Herz aufgibt.“
Maher kann durchaus geistreich sein, aber Fettleibigkeit weckt auch bei
klügeren Menschen niedere Instinkte. „Es ist erstaunlich, wie brutal die Leute
werden“, hat Christie einmal einer Bekannten anvertraut.

Amerikaner können sehr empathisch sein, aber auch sehr gnadenlos gegenüber
jenen, die sie für Versager halten. Auch durch den Einfluss der Medien gelten
Übergewichtige als langsam, schlampig, faul. Das gilt sogar für jene Menschen,
die nur leicht übergewichtig sind. Als eine Zeit lang das Übergrößen-Model
Lizzi Miller gefeiert wurde, schrieb jemand im Internet: „Sie wird benutzt, um
einen selbstzerstörerischen Lebenswandel zu rechtfertigen, der unsere
Gesundheitskosten steigert.“

Wer Dicke beschimpft, glaubt manchmal sogar, ihnen einen Gefallen zu tun –
indem er sie scheinbar dazu antreibt, endlich abzunehmen. Wissenschaftler
finden diese Denkweise verheerend, weil sie Übergewichtigen schon in der
Kindheit jedes Selbstwertgefühl nehme. Experten verlangen deswegen immer öfter,
dass man der Fettleibigkeit in Amerika den Krieg erkläre, nicht den
Fettleibigen.

Aber die „politics of obesity“ sind kompliziert. Einerseits herrscht ein
wissenschaftlicher Konsens, dass die Gewichtsepidemie der Volkswirtschaft noch
richtig schaden könnte. Andererseits hassen es die Amerikaner, vom Staat
bevormundet zu werden, und jeder Politiker, der durchgreifen will, macht sich
nur das Leben schwer. Als New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg unlängst
die Größe zuckerhaltiger Softdrinks beschränken wollte, löste er beinahe einen
Aufstand aus. Erst recht scheut sich die US-Regierung, die Junk- und
Fastfood-Industrie zu regulieren.

Es ist eine ewige, meist folgenlose Debatte, und Christie hat sie schon
einmal – im Wortsinne – am eigenen Leib erlebt. Ende 2011 zeichnete sich ab,
dass die Republikaner keinen vernünftigen Kandidaten hatten, um Barack Obama
bei der Präsidentschaftswahl herauszufordern. Viele einflussreiche Politiker
und Manager flehten Christie an, gegen Obama anzutreten.

Augenblicklich debattierte das ganze Land über Christies Gewicht – nicht über
sein Programm. Seine Kritiker führten nicht nur die Sorge über seine Gesundheit
an, sondern auch Symbolik im weiteren Sinne. Sie erinnerten daran, dass Amerika
in jeder Hinsicht zu gefräßig sei – zu viel Essen, zu viel Energie, zu viele
Kredite, zu viele Medien. Das wisse zwar jeder, argumentierten sie, aber müsse
man es der Welt auch noch vor Augen führen, indem sich Christie etwa in
Südostasien die Treppe derAir Force One hinuntermühe?

Es ist wohl der Unterschied zwischen einem schwarzen und einem dicken
Präsidenten: Obama gilt als Vorzeigegesicht einer Minderheit, Christie als das
nicht so vorteilhafte Gesicht der Mehrheit.

Selbst jene, die Christie prinzipiell mochten, verlangten deswegen, dass er
abspecken müsse. Der Kolumnist Eugene Robinson riet ihm in derWashington Post,
einfach mal spazieren zu gehen und einen Salat zu essen.

Das ist ungefähr so, als rate man einem Junkie, einfach mal die Spritze
wegzulassen. Christie hat zu erklären versucht, dass sein Problem komplizierter
sei. „Glauben Sie, ich habe es im Leben so weit gebracht ohne Disziplin?“,
fragte er und schilderte, dass sein Essen manchmal etwas Zwanghaftes habe,
gegen das auch sein tägliches Fitnesstraining nicht helfe. „Leute, die nie
Gewichtsprobleme hatten, können das nicht verstehen.“

Wenn ein Politiker dick ist, wird das Gewicht immer zur Metapher für dessen
politischen Stil. In Christies Fall allerdings hat sich die Deutung geändert.
In seinen ersten Jahren als Gouverneur verkörperte er die Abrissbirne, den
Bulldozer: Christie galt besonders bei den Linken als rücksichtsloser
Konservativer, der Lehrern das Gehalt kürzt, Homosexuellen gleiche Rechte
verweigert – und allen über den Mund fährt.

Der Hurrikan aber hat das geändert. Die Menschen in Sayreville und anderswo
haben nicht vergessen, dass er immer für sie da war – und nicht etwa Mitt
Romney, der sich wenige Tage vor der Wahl als Katastrophentourist profilieren
wollte. „Das interessiert mich einen Dreck“, sagte Christie damals. „Ich habe
hier 2,4 Millionen Menschen ohne Strom, Verwüstung an der Küste,
Überschwemmungen. Wenn Sie glauben, dass mich Politik gerade interessiert, dann
kennen Sie mich nicht.“

In seiner Fleece-Jacke wirkte er auf die Obdachlosen, wie Kuscheltiere auf
Kinder wirken. Bis heute möchten sie sich an diesem großen Tröster festhalten.
„Ich hielt ihn lange für einen Rüpel, aber seit dem Sturm respektiere ich ihn“,
sagt eine Lehrerin in Sayreville.

Christie wurde doppelt belohnt. Erstens erklärte sein Idol, der Rocksänger
Bruce Springsteen, dass sie fortan Freunde seien, obwohl sich Springsteen bis
dahin geweigert hatte, mit dem rechten Christie auch nur ein Wort zu wechseln.
Zweitens schätzt ihn landesweit mittlerweile nicht mehr nur eine Mehrheit der
Republikaner, sondern auch eine Mehrheit der Demokraten.

Gerade die Rechten können einen Typen brauchen, der Fürsorglichkeit
ausstrahlt, der als „mitfühlender Konservativer“ gilt. So wie anfangs George W.
Bush, der bislang letzte Republikaner, der das Weiße Haus erobert hat. Der
Investmentbanker Mitt Romney hingegen galt so wenig als mitfühlend wie sein
Vize Paul Ryan, der auch deswegen so hager ist, weil er sich jeden Morgen mit
einem Fitnessprogramm namens „P 90 Extreme“ schindet.

Die Wähler fanden dieses Dünnen-Duo beängstigend. Es hätte den Staat, seine
Programme für Sozial- oder Katastrophenhilfe so brutal zurechtgetrimmt wie Ryan
seinen Körper. Christie steht zwar programmatisch rechts, aber er hat sich als
republikanischer Gouverneur in einem demokratischen Staat immer auch mit seinen
Gegnern verstanden und sogar mit dem linken Präsidenten Obama einen
Hubschrauber geteilt, wenn es New Jersey einen Vorteil verhieß. Christie hat
einmal gesagt, Kompromisskünstler seien die Typen von morgen, während
Washingtons sture Ideologen die von gestern seien.

Nach seiner Magenoperation fragten manche, ob der Gouverneur nicht seine
eigene Marke beschädige, wenn er jetzt ganz schlank würde. Seine Anhänger in
Sayreville glauben das nicht. „Christie istthe man, der Kerl schlechthin“, sagt
der Bauunternehmer Tom O’Connor. „Er bleibt ein echter Kerl, selbst wenn er
noch hundert Pfund verliert.“

Christie sieht das auch so, obwohl er ein Leben lang mit seinem Appetit
gekämpft hat. „In meinen Augen“, sagte er einmal, „hat mich mein Gewicht nie
definiert.“

Nicolas Richter
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Nicolas Richter, 1973 in Genf geboren, ist US-Korrespondent der Süddeutschen
Zeitung und berichtet von Washington aus über amerikanische Politik und
Gesellschaft. Von 2009 bis 2012 war er Redakteur im Recherche-Ressort der SZ.
Gemeinsam mit Klaus Ott enthüllte er die Formel-1-Affäre um Bernie Ecclestone,
sowie mit Hans Leyendecker die Drehbuchaffäre beim öffentlich-rechtlichen
Fernsehen. Zuvor schrieb er im Ressort Außenpolitik über Völkerrecht,
internationales Strafrecht und Terrorbekämpfung. Richter hat in München und
Paris Jura studiert und vor dem Volontariat bei der SZ in den New Yorker Büros
der Deutschen Presse-Agentur und des ZDF gearbeitet. Er wurde ausgezeichnet mit
dem Wächterpreis der Tagespresse, dem Helmut-Schmidt-Preis und nominiert für
Henri-Nannen-Preis und Theodor-Wolff-Preis.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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